Interview: Rainer Bielfeldt – Komponist, Musiker und kongenialer Begleiter

Sound:

 


Rainer Bielfeldt wieder Single?! Zumindest auf der Bühne und vorübergehend! Und auch solo ist der "kongeniale Begleiter" von Gayle Tufts ganz großartig! Charmant, gefühlvoll und ironisch entführt uns der Komponist und Sänger in sein ganz persönliches musikalisches Universum - verpackt in brandneue Songs und augenzwinkernde Conferencen. Er besingt "Unerreich-bare Nähe", beklagt "Du fehlst mir!" und fleht: "Sei bitte bitte blöd zu mir!" Mal ganz poppig, mal verträumt, mal melancholisch, mal ganz frech – und immer 100% Rainer! Dabei scheut sich Rainer Bielfeldt nicht vor großen Gefühlen und schrammt auch schon mal am Kitsch vorbei. Doch kurz darauf  öffnet sich ein Abgrund, aus dem er sich und uns mit einem fetzigen Popsong wieder befreit. War etwa alles nur ein Traum? Wer weiß das schon? S-Gay hat Rainer Bielfeldt zu "Diesem & Jenem" befragt!


s-gay: Von der Mundharmonika über die Melodika zur Kirchenorgel. Wolltest Du schon immer Musiker werden?


 Ja, eigentlich wollte ich schon als kleiner Junge genau das machen, was ich heute tue. Natürlich gab's zwischenzeitlich – den Eltern und der Umwelt zuliebe – auch die Idee, z. B Musiklehrer zu werden (was "sicheres"...), aber im Grunde war immer mein Traum, freiberuflich zu komponieren und aufzutreten.


s-gay: Als bekennender Bay-City-Rollers- und Genesis-Fan hast Du mit 15 Deine erste Band gegründet und fortan mit eigenen englischen Kompositionen Pop-Rock-Musik Geschichte geschrieben (grins). Erzähl doch ein bisschen aus dieser Zeit!


 Tja, damals hatte ich schon jede Menge Hits geschrieben, nur leider hatte es keiner bemerkt :-))

Ich genoss als Kind klassischen Klavierunterricht (habe später ja auch die "ernste" Muse studiert...), habe aber auch immer schon meine eigenen Lieder geschrieben und viel improvisiert, weniger in Richtung Klassik als vielmehr Richtung Jazz und Pop. Mein Klavierlehrer konnte persönlich nicht unbedingt was damit anfangen, ließ mich aber gewähren und unterstützte das Ganze sogar – solange ich die klassischen Etüden nicht vernachlässigte.
Während der Schulzeit gründete ich dann – neben Aktivitäten im Schulchor und in der Schul-Bigband – meine "eigene" Band, schrieb Songs mit englischen (im Rückblick inhaltlich eher fragwürdigen) Texten, sang und spielte Keyboards. Parallel dazu fing ich an, Geld zu verdienen als Alleinunterhalter ( ja, Ihr habt richtig gelesen )! So die harte Abteilung mit "Ententanz" und "Polonäse Blankenese"...

War ne gute Schule, muss (sollte!) man aber auch nicht sein Leben lang machen. Und dann fing ich halt auch an, mehr und mehr andere Sänger zu begleiten und auch solo aufzutreten.


s-gay: In Deiner Vita ist zu lesen, das Du Dein Studium an der Musikhochschule in Hamburg (Schwerpunkt Chanson) geschmissen hast als Du das Angebot als Schauspielmusiker an eine Bühne zu gehen erhalten hast. Ist da was dran?


 Nee, nee, nee!


Das Popmusik-Studium mit Schwerpunkt Chanson war kein Vollstudium, sondern bestand aus berufsbegleitenden Kompaktkursen, insgesamt 6x3 Wochen.
Das hab ich natürlich durchgezogen.
Geschmissen habe ich das klassische Studium auf Lehramt. Hatte allerdings eh nie geplant, das bis zum Ende durchzuziehen. Das war eher gedacht, um noch ein bisschen zu lernen. Als ich dann das Angebot als Theatermusiker bekam, war der richtige Zeitpunkt gekommen, dem Ganzen ein Ende zu setzen, um nicht ewiger Student zu bleiben.


s-gay: In Deiner Zeit als Bühnenmusiker hattest Du damals Dein privates und öffentliches Coming-out. War das eine schwere Entscheidung für Dich diesen Schritt in dieser Zeit zu wagen ?


 Nun, kurz vor und während des Coming-outs kam mir das natürlich sehr heftig vor, aber im Nachhinein war es – im Vergleich zu den Geschichten anderer – ein Parkspaziergang. Eltern, Familie und Freunde reagierten großartig, alles war bei weitem nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Außerdem war ich schon 23 und hatte meinen eigenen Kopf. Ich wollte so akzeptiert werden, wie ich bin, und habe das auch sehr deutlich klar gemacht. Für meine Eltern war es erstmal schon ein Schock, aber sie haben schnell erkannt, dass sie das Problem haben und nicht ich, und sie haben sehr intensiv an Ihrer eigenen Einstellung gearbeitet, teilweise sogar mit therapeutischer Hilfe, was ich Ihnen hoch anrechne.


s-gay:  1991 hast Du den Chansonier Tim Fischer kennengelernt und warst mit dem von Euch gemeinsam erarbeiteten Programm „Zarah ohne Kleid“ sehr erfolgreich auf Tournee. War das der eigentliche Durchbruch in Deiner Karriere?


 Ich kann gar nicht so 100%ig sagen, was nun der "große" Durchbruch war. Die Arbeit mit Tim, mit Gayle, meine Solo-CDs?


Ich denke, jeder Teil meiner Arbeit und evt. Auch eine gewisse Beständigkeit haben mich nach und nach weiter gebracht. Es gab durchaus auch "abs", aber eben auch immer wieder "aufs", und tendenziell unterm Strich mehr zweiteres.


s-gay: 1992 folgte Deine erste Solo-CD „Nachtzug“. Mit dem dazugehörigen Bühnenprogramm bist Du durch ganz Deutschland getourt. War dieser Erfolg der Anstoss dafür nur ein Jahr später das Album „Herzen mit Koffer“ einzuspielen und ebenso erfolgreich auf Tournee zu gehen?


 Der Erfolg von "Nachtzug" gab mir solo-mäßig schon einen ordentlichen Schub. "Herzen mit Koffer" erschien ein Jahr später. Danach hatte ich dann das Gefühl für die nächste Solo-CD ein bisschen mehr Zeit zu brauchen, aber 10 Jahre waren auch nicht geplant...


Bis zur nächsten Solo-CD wird's nicht wieder so lange dauern!


s-gay: 1995. Das Zusammentreffen mit Gayle Tufts ein Schicksalsjahr für Dich?


 Im positiven Sinne auf jeden Fall. Wir haben jetzt insgesamt 8 Jahre miteinander gearbeitet, und es lief großartig für uns beide. Wir hatten uns gesucht und gefunden. Aber es war halt auch eine anstrengende Zeit mit vielen Tourneen, so dass wenig Zeit für ein neues Solo-Projekt blieb.


s-gay: Wie war das damals als Dich Matthias Frings eines Abends einfach zusammen mit Gayle Tufts eigentlich ohne Probe auf die Bühne stellte?


 Wir kannten uns schon einige Zeit und wollten ebenso lange musikalisch was miteinander machen. Aber es gab immer Terminprobleme. Da kam es wie gerufen, dass Matthias und sozusagen in den Arsch trat und wir ins kalte Wasser springen mussten. Als dieser Auftritt funktionierte als wären wir schon jahrelang miteinander aufgetreten, war das ein Zeichen, endlich ein ganzes gemeinsames Programm auf die Bühne zu stellen. Das war unsere Initialzündung.


s-gay: Seitdem gab es in jedem Jahr mindestens ein neues Gayle-und-Rainer-Programm. Im Verbund – Text und große Klappe: Tufts, Musik und charmante Begleitung: Bielfeldt- habt Ihr Euch die Karriereleiter hoch gearbeitet und seid spätestens mit Eurem Werk „The wahre Wahrheit“, das Ende 2001 in der Bar jeder Vernunft Premiere hatte, ganz oben angekommen. Ist ein solcher Erfolg noch zu toppen?


 Keine Ahnung, man denkt nach jedem erfolgreichen Programm "Das krieg ich so nie wieder hin" und irgendwie kriegt man doch wieder was zustande. Auf jeden Fall war es jetzt (nach 8 gemeinsamen Shows) ein guter Zeitpunkt für ne Pause.


s-gay: Wird es auch weiterhin gemeinsame Bühnen Programme von Dir und Gayle Tufts geben?


 Schaun wa mal...


Im nächsten Jahr machen wir definitiv nichts neues gemeinsam.
Aber grundsätzlich können wir uns beide schon vorstellen, irgendwann wieder eine Show zusammen zu machen.


s-gay: Deine Fans haben lange (unerträglich lange) auf Dein neues Soloalbum „Alles nur ein Traum“ warten müssen. Im neuen Album reiht sich Lustiges an Sentimentales, Ehrliches an Zickiges. „Alles nur ein Traum“. Findest Du Dich selber in Deinen Texten wieder?


 Ja, obwohl die meisten Texte nicht von mir sind.


Ich kann ein Lied nur überzeugend rüberbringen, wenn ich mich selbst auch in der Geschichte wieder finden kann, was nicht heißt, dass alles streng autobiografisch sein muss. Mit einigen meiner Texter arbeite ich schon sehr lange zusammen (mit Edith Jeske z.B. 20 Jahre), da kennt man sich inzwischen.


s-gay: Träume zerplatzen oder gehen auch manchmal in Erfüllung. Hat Man(n) noch Träume, wenn Man(n) schon so viel in seinem Leben erreicht hat?

 Ich denke, man muss eine gute Balance finden. Ich bin zufrieden und glücklich mit vielem, was ich erreicht habe, stecke mir aber auch immer wieder neue Ziele und suche neue Herausforderungen. Man sollte das Träumen nie aufgeben.


s-gay: Auf Deinem Album „Alles nur ein Traum“ findet sich auch ein Duett „Wir zwei sind ein Paar“ wieder das Du mit Dirk Bach eingespielt hast. Wie kam es zu dieser „schrägen“ Konstalation, und was verbindet Dich mit Dirk Bach?


 Wir kenne uns seit Jahren, mögen uns, haben auch schon zusammen gearbeitet (bei "Studio Bach", einer ZDF-Show von Dirk), und haben auch vor, weitere Projekte miteinander zu machen. Das Duett ist also ein Schritt von (hoffentlich) noch vielen mehr. Dirk ist en wunderbarer Mensch und großartiger Künstler. Ich hoffe, eines Tages kann ich ihm mal eine ganze CD auf den Leib schneidern.


s-gay: Gibt es schon Ideen für neue Projekte? Woran arbeitest Du gerade?


 Im Moment arbeite ich gerade an zwei Kinderprojekten, einem Musical ("Pippi feiert Geburtstag") und einer Kinder-CD. Und danach muss ich mich dann in der Tat um neue Songs für mich selbst kümmern, damit es bis zur nächsten CD nicht wieder 10 Jahre dauert.


s-gay: Spiegelt „Ein Koffer in Hamburg“ Deine ganz persönliche Sehnsucht nach Hamburg als gebürtiger Hanseate und jetzt Wahl-Berliner wieder?


 Klar!

Ich fühle mich wohl, sehr wohl in Berlin. Aber im Herzen bin ich Hamburger geblieben.


s-gay: „Willi“ aus Deinem Album „Nachtzug“ in Wirklichkeit Rainer in seiner Wilmersdorfer Dachgeschosswohnung?


 Inzwischen wohne ich in Neukölln und im Wendland...


"Willi" kann man natürlich ganz eins zu eins nehmen, aber letztendlich ist es eine Metapher dafür, wie einen kleine, vermeintlich unwichtige Dinge persönlich an Menschen erinnern, die man liebt oder geliebt hat.


s-gay: Mit „Schneewittchen“ aus Deinem neuen Album „Alles nur ein Traum“ greifst Du zum ersten mal indirekt das Thema HIV & AIDS auf. Wie wichtig ist es für Dich in dieser schnellebigen Zeit hier mit Deinen Texten zu sensibilisieren und indirekt und imaginär den Zeigefinger zu erheben?


 Zeigefinger will ich nicht erheben.

Ich singe von Dingen, die mich bewegen, und jeder muss für sich selbst sehen, ob und was er/sie damit anfangen kann, wo er/sie sich selbst wieder findet.


s-gay: Du arbeitest sehr viel für die SchwuLesbische Community.
AIDS-Galas, Benefits, Charities, CSD´s, Club´s etc. Würdest Du sagen das Du “glad to be gay” bist, und diese Art von Veranstaltungen im Besonderen gerne magst weil Du selber schwul bist und das Dein Ding ist?


 Ich denke, es ist wichtig, dass jeder sich im Rahmen seiner Möglichkeiten engagiert, und meine Möglichkeit ist nun halt Musik. Das gute an Benefizen ist, dass sie meist eine sehr direkte – auch, aber nicht nur – finanzielle Auswirkung haben. Man kann Projekte unterstützen, die es sonst schwer haben.


"Glad to be gay"?

Ich bin schwul und glücklich!

Wahrscheinlich wäre ich als Hetero auch glücklich.

Bin aber eben schwul...


s-gay: Warum meinst Du kommen Deine Texte und Programme in der sehr viel „feine Ironie“ steckt gerade beim schwulen Publikum so besonders gut an?


 Ich glaube, viele Schwule sind Zwischenton-sensibilisiert...


Es kann aber auch nicht jeder mit meiner Ironie umgehen.

Gerade wenn ich ein bisschen ironisch mit schwulen Klischees umgehe, fühlt sich auch manch einer angepisst...


s-gay: Wenn ich nun eine gute Fee wäre, und Du drei Wünsche frei hättest. Was würdest Du Dir ausser Gesundheit, viel Geld und einem langen Leben gerne wünschen?


 Na, da nimmst Du aber gleich ein paar nicht unwichtige Wünsche weg...

Ich möchte weiterhin viele Freunde haben, in Würde und ohne finanzielle Sorgen altern und weiterhin das machen dürfen, was mir Spaß macht: Musik.


s-gay: Zum Schluss noch die Frage die viele s-gay User interessieren wird. Gibt es einen Mr. Right an Deiner Seite?


 Yep!


s-gay: Rainer, vielen Dank für das Interview. 

 Da nich für, wie wir Hamburger sagen.


 

Aktuelle NEWS und den Newsletter findest Du unter

www.bielfeldt-music.de

 

 

(c) s-gay 11/2003 fotos: Friedrun Reinhold / Hamburg

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